Adieu Amtsblatt
Vielleicht erinnern Sie sich noch, es gab einmal ein unscheinbares blaues Büchlein, genannt Amtsblatt. Es erfreute sich einer recht grossen Beliebtheit unter dem Volke, hatte es doch 13’000 Abonnenten zu dem Zeitpunkt, an dem unsere Kantonsregierung beschloss, dass dieses Stück Geschichte, geboren 1858, in einem modernen, digitalen Kanton und Crypto Valley keinen Platz mehr hat.
Während also hässliche Betonbauten aus den 70ern geschützt werden, sollte eine 162 – jährige Institution eliminiert werden.
Sowohl in der vorberatenden Kommission wie auch im Kantonsrat war man aber mehrheitlich der Meinung, solange es den Kanton nichts kostet, soll er doch schauen, ob ein Unternehmen gefunden wird, welches das Amtsblatt inkl. Marktteil in der gewohnten Form publiziert. Dazu muss man wissen, dass bis zu diesem Zeitpunkt der Kanton vom dannzumaligen Herausgeber Konzessionsgebühren kassierte. Heute bezahlt er für die, vorsichtig gesagt, recht unbeliebte, gedruckte Variante jährlich einen sechsstelligen Betrag!
Nach dem Verschwinden des blauen Büchleins regte sich Unmut in einem nicht kleinen Teil des Volkes und viele Bürgerinnen wandten sich an Mitglieder des Kantonsrates, um ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen.
Dies veranlasste 18 Mitglieder desselben aus fast allen Parteien, nochmals mittels Postulat die Regierung zu bitten, eine Ausschreibung zu machen um allenfalls ein Unternehmen zu finden, welches eine wirtschaftliche Chance sieht, ein Amtsblatt inkl. Marktteil heraus zu bringen.
Der Vorstoss wurde vom Kantonsrat an die Regierung überwiesen inkl. einer verkürzten Behandlungsfrist von 2 Monaten. Die Regierung war mässig begeistert, dass sie sich nochmals mit diesem Thema beschäftigen musste. In der Folge dauerte es dann auch 10 Monate, bis eine Antwort vorlag.
Diese Antwort ist bemerkenswert und ich ermuntere Sie, diese selbst zu lesen unter zg.ch/de/kantonsrat geben Sie bei «Geschäfte» 3602 ein. Kurz zusammengefasst begründet man die Ablehnung des Postulates damit, dass die Regierung von Anfang an nur eine digitale Variante wollte, was stimmt. Weiter wird vor juristischen Folgen, sprich Schadenersatzklagen der jetzigen Druckerei in unberechenbarer Höhe und einem schier unglaublichen Aufwand für die Verwaltung gewarnt.
Besonders amüsant (wenn es nicht so traurig wäre) finde ich diese Bemerkung: Zitat:…(das) «es für die Vorbereitung der öffentlichen Ausschreibung ein Konzept brauche». Aha, also das ist doch wirklich ein Argument, sonstige Ausschreibungen erfolgen selbstverständlich ohne Konzept in unserem Kanton.
Übrigens hat man sich für die Antwort umfassend abgesichert. So wurde eine Unternehmungsberatungsfirma und eine Anwaltskanzlei mit Abklärungen beauftragt. Gerade der 11 – seitige Bericht des Anwaltes dürfte nicht kostenlos gewesen sein.
Was man wissen muss ist, dass effektiv die Regierung den Entscheid über Sein oder nicht Sein des Amtsblattes treffen darf, dies aufgrund des Publikationsgesetzes. Deshalb konnte keine Motion (Auftrag) sondern nur ein Postulat (Bitte) eingereicht werden.
Am Ende der Regierungsantwort wird klargestellt, dass die Regierung dieses Postulat nicht umsetzen wird. Zitat: «Es geht nicht an, mit einer erneuten öffentlichen Vergabe zeitaufwändige und kostspielige juristische Unwägbarkeiten in Kauf zu nehmen»
Dies geschieht sehr selten, ich erinnere mich jedenfalls an keinen solchen Fall während meiner gut fünf Jahren im Kantonsrat. Es tut mir leid für Alle die «unser» Amtsblatt schmerzlich vermissen.
Emil Schweizer, Neuheim
Kantonsrat SVP